Operation
Aktualisiert (Donnerstag, 04. September 2008)
Ziel der Operation
Ein Ziel der Operation ist die Beseitigung der irrtümlicherweise als "feindlich" erkannten Schilddrüse und damit die Beendigung der Immunreaktion. Ein weiteres Ziel ist die Beseitigung der Überfunktion durch Entfernen des Organs der Hormonbildung. In 95% der Fälle wird die Schilddrüsenüberfunktion durch die Operation beseitigt. Bei Vergrößerung der Schilddrüse wird zudem ein weiteres verdrängendes Wachstum verhindert, dass umliegende Organe wie die Luftröhre beeinträchtigen kann.
Nach erfolgloser medikamentöser Behandlung ist neben der Radiojodtherapie die Operation möglich.
Ist bereits ein Teil der Schilddrüse entfernt worden, wird die erneute Operation schwieriger. Je nach Ausmaß der Voroperation kann eine zweite Schilddrüsenoperation von einem erfahrenen Operateur jedoch mit Erfolg durchgeführt werden.
Auch nach einer erfolglosen Radiojodbehandlung kann eine Operation vorgenommen werden.
Die Operation kann in bestimmten Fällen als frühzeitige definitive Behandlung nach Diagnose des Morbus Basedow und Einstellung einer normalen Schilddrüsenfunktion sinnvoll sein.
Welche Operationsmethoden gibt es bei Morbus Basedow?
Zur Behandlung des Morbus Basedow stehen mehrere Operationsverfahren zur Verfügung. Sie unterscheiden sich in ihrer Ausdehnung. Je vollständiger die Schilddrüse entfernt wird, umso geringer ist das Rückfallsrisiko. Auch ein kleiner Schilddrüsenrest kann eine massive Hormonproduktion mit den typischen Symptomen des Morbus Basedow in Gang setzen.
Bei vollständiger Entfernung der Schilddrüse ist der Ersatz von Schilddrüsenhormonen lebenslang erforderlich. Auch bei unvollständiger Entfernung der Schilddrüse muss in nahezu allen Fällen lebenslang Schilddrüsenhormon eingenommen werden.
Die Wahl der Operationsmethode wird unter Umständen vom Schweregrad der Krankheit abhängig gemacht. Je ausgeprägter die Krankheitssymptome, um so radikaler sollte operiert werden. Bei geringer Krankheitsaktivität kann unter Inkaufnahme eines geringen Rückfallsrisikos ein kleiner Schilddrüsenrest erhalten bleiben.
Ein Vorteil der nicht vollständigen Operation ist das kleinere Operationsrisiko. Wichtige Strukturen können bei der nicht vollständigen Operation eher geschont werden. Die Gefahr die Nebenschilddrüsen zu entfernen oder den Stimmbandnerven zu verletzen, ist dann geringer.
Die Entfernung der Schilddrüse scheint sich nach wissenschaftlichen Untersuchungen manchmal günstig auf den Verlauf der Augenerkrankung auszuwirken. Leider gibt es auch immer wieder die Beobachtung, dass sich eine endokrine Orbitopathie nach der Operation verschlechtert.
Möglicherweise haben Erkrankte mit sehr hohen TSH-Rezeptor-Antikörperspiegeln (TRAK) einen Vorteil, wenn sie die Operation als erste Therapie wählen.
In den operativen Zentren in Deutschland zeichnet sich zur Zeit eine Tendenz zur vollständigen Operation ab.
Nahezu vollständige Operation (subtotale Thyreoidektomie)
Die Schilddrüse wird bis auf einen Rest von 2-4 g entfernt. Es sind verschiedene Operationstechniken bekannt. Die Nebenschilddrüse können durch die Belassung von restlichem Schilddrüsengewebe häufig besser geschützt werden. Kommt es in seltenen Fällen nach der Operation zu einem Krankheitsrückfall, kann gegebenenfalls eine erneute Operation durchgeführt werden. Das Operationsrisiko ist hinsichtlich der Stimmbandlähmung und Entfernung der Nebenschilddrüsen bei der Nachoperation erhöht.
Bei einem Krankheitsrückfall nach nahezu vollständiger Operation kann alternativ zur Zweitoperation auch eine Radiojodbehandlung durchgeführt werden. Umgekehrt kann nach erfolgloser Radiojodbehandlung auch eine Operation durchgeführt werden.
Vollständige Operation (totale Thyreoidektomie)
Die Befürworter der vollständigen Entfernung der Schilddrüse sehen in diesem Therapieansatz die Möglichkeit, durch komplette Entfernung des Antigens Schilddrüse die falsch geleitete Immunreaktion zum Abklingen zu bringen.
So wie ein Mensch mit Heuschnupfen die blühende Wiese meidet, soll hier der Kontakt des körpereigenen Immunsystems mit der Schilddrüse vermieden werden. Hierbei wird in Kauf genommen, dass anschließend eine lebenslange Behandlung mit Schilddrüsenhormonen notwendig wird.
Im Gegensatz zur medikamentösen Therapie und meist auch zur Radiojodbehandlung muss nach vollständiger Operation nicht mit einem Rückfall gerechnet werden. Die zusätzlich zur Schilddrüsenüberfunktion bestehende Immunsymptomatik kann sich nach dieser Theorie durch die Operation zurückbilden.
Die von Laien geäußerte Befürchtung, dass das Immunsystem nach der Entfernung der Schilddrüse andere Organe angreift, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Da durch jede der heute verfügbaren Therapien die eigentliche Ursache der Krankheit nicht beseitigt wird, müssen Erkrankte mit dem Risiko möglicher zusätzlicher Autoimmunkrankheiten leben, unabhängig von der Behandlung des Morbus Basedow.
Operationsrisiken
- Ein- oder beidseitige Stimmbandlähmung, durch Schädigung des zugehörigen Nervens
- Entfernung der Nebenschilddrüsen mit nachfolgender lebenslanger Einnahme von Calcium und Vitamin D
Das Risiko für eine andauernde Lähmung der Stimmbänder (Reccurensparese) beträgt je nach Erfahrung des Operateurs 1-4%. Bei Durchtrennung des zugehörigen Nervs ist die Stimmbandlähmung nicht heilbar. Bei kleineren Verletzungen des Nervs kann die Stimmbandfunktion innerhalb eines Jahres zurückkehren.
Eine einseitige Stimmbandlähmung führt zum Verlust der Singstimme. Die Stimme klingt heiser. Lautes Sprechen ist erschwert. Übungsmaßnahmen durch Sprachtherapeuten (Logopäden) sind zum Erhalt der restlichen Stimmfunktion notwendig. Insbesondere bei Erkältungen kann das Luftholen erschwert sein, weil die Luftröhre durch das gelähmte Stimmband halbseitig geschlossen ist.
Eine beidseitige Stimmbandlähmung führt zum Stimmverlust. Die gelähmten Stimmbänder verschließen die Luftröhre, so dass zum Erhalt der Atmung ein Luftröhrenschnitt oder eine operative Erweiterung der Stimmritze erfolgen muss. Eine operative Erweiterung der Stimmritze kann nur unter teilweisem Verlust der Stimme erreicht werden.
Die beidseitige Stimmbandlähmung ist durch moderne Operationsmethoden und neue Überwachungsmethoden (Neuro-Monitoring des Stimmbandnervens) sehr selten geworden.
Werden durch die Operation versehentlich die Nebenschilddrüsen mit entfernt, die an der Hinterwand der Schilddrüse liegen, so muss der Betroffene lebenslang Kalzium und Vitamin D oder das von den Nebenschilddrüsen gebildete Paratormon einnehmen.
Sind die Nebenschilddrüsen durch die Operation nur vorübergehend in ihrer Funktion beeinträchtigt, können die Medikamente nach Erholung der Nebenschilddrüsen wieder abgesetzt werden. Der Zeitraum bis zur Erholung kann zwischen Wochen und einem Jahr liegen.
Wurden nicht alle der vier Nebenschilddrüsen entfernt, können verbleibende Nebenschilddrüsen die Funktion der Entfernten übernehmen. Das Risiko für eine vorübergehende Schädigung der Nebenschilddrüsen (passagerer Hypoparathyreoidismus) liegt bei 1-5%. Das Risiko für eine bleibende Schädigung oder Entfernung (permanenter Hypoparathyreoidismus) liegt bei 1%.
Nach nahezu vollständiger Operation besteht in fast allen Fällen eine Unterfunktion der Schilddrüse, das heißt die restliche Schilddrüse kann nicht in ausreichendem Maße Hormon produzieren. Bei vollständiger Entfernung der Schilddrüse ist der Betroffene sein Leben lang auf die Einnahme von Schilddrüsenhormonen angewiesen.
Die für den Einzelnen passende Menge Hormon muss nach der Operation genau eingestellt werden. Manchmal gestaltet sich die hormonelle Einstellung bei Basedowpatienten mühsam und langwierig. Häufig müssen die Dosierungen im Laufe der Zeit neu angepasst werden. Der Stoffwechsel des Menschen mit Morbus Basedow braucht gelegentlich mehrere Jahre, bis er sich neu eingestellt hat und eine ausreichende Hormondosierung gefunden ist. Ein erfahrener Spezialist sollte hierbei zu Rate gezogen werden.
Für wen ist die operative Therapie geeignet?
- Bei erfolgloser einjähriger medikamentöser Therapie
- Bei starker Schilddrüsenvergrößerung und verdrängendem Schilddrüsenwachstum (Luftröhre)
- Bei Verdacht auf bösartige Zellveränderungen
- Bei Unverträglichkeit der medikamentösen Therapie (Thyreostatika)
- Bei problematischer Augenbeteiligung (endokriner Orbitopathie)
- Bei Kindern und Jugendlichen
- Bei Frauen mit Kinderwunsch und Wunsch nach einer definitiven Therapie
- Bei medikamentös nicht kontrollierbarer Überfunktion und Hormonvergiftung (thyreotoxische Krise)
- Bei Wunsch des Erkrankten
- Bei andauernd hohen TSH-Rezeptor-Antikörperspiegeln
- Bei nicht kontrollierbarer Überfunktion in der Schwangerschaft
Für wen ist die operative Therapie nicht geeignet?
- Bei älteren Menschen mit anderen schweren Erkrankungen, die das Operationsrisiko erhöhen
- Bei leichten Krankheitsverläufen ohne vorherige medikamentöse Behandlung
Wie kann man restliches Schilddrüsengewebe nach einer Operation nachweisen?
Wurde eine Schilddrüsenoperation durchgeführt und besteht der Verdacht auf verbliebenes Schilddrüsengewebe, sollte eine Ultraschalluntersuchung und ein Szintigramm veranlasst werden. Jodspeicherndes Restgewebe kann so entdeckt werden.